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26. Das Zinsverbot

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Das Zinsverbot wurde bereits im Alten Testament der Bibel und im Koran erwähnt. Viele von uns sind der Meinung, dass sich die Welt schon immer ums Geld dreht, aber das stimmt nicht ganz. Auf dem Land hatte sich das monetäre System im Mittelalter noch nicht etabliert. Abgaben an die Feudalherren wurden tatsächlich noch in Naturalform geleistet. Aber nun kam auch das Elend des monetären aufs Land. Im Grunde genommen dreht es sich um das Recht auf Privateigentum. Aber darf ein Handel mit dem Ziel wachsenden privaten Eigentums betrieben werden?

Selbst ein Bauer auf dem Land hat das Recht auf Privatbesitz nicht in Frage gestellt. Theologisch, philosophisch und ethisch wird es interessant, ob der Vorteil des Privatbesitzes weiteren Privatbesitz zu schaffen rechtfertigt? Das Wort schaffen könnte auf Arbeitskraft und Schaffenskraft schließen. Was aber, wenn aus Schaffen durch Arbeit Anhäufen ohne Arbeit wird? Diese Fragwürdigkeit wollte die Kirche umgehen, indem sie Zinsen verbot. Leider waren damals einige Kirchenfürsten zu enorm reichen Menschen geworden. Die kirchlichen Reformer wollten das Zinsverbot beibehalten, aber leider war auch der Umgang mit Krediten selbst in der Kirche schon zur Normalität geworden. Es gab in der Geschichte hervorragende Beispiele für Verteidiger des Gemeinwohls, aber letztlich konnten sich die Gutmütigen nicht durchsetzen. Paul Negelein, der Gründer der Marburger Universität schrieb einmal folgende Zeilen:

„Also in einer Stadt oder Commun müssen alle stücke zusammen stymmen, sich vergleichen und keins dem andern in sein amt fallen. Daraus kompt ein harmonia und schoner lieplicher thon, das wir nennen ein gemeiner nutz.“

So wie alle Organe in unserem Körper ihre Aufgaben erfüllen müssen, um das Leben eines Menschen in der Homöostase zu halten, so hat jeder einzelne Mensch auch in der Gesellschaft seine Aufgabe und Verantwortung. Wo hingegen Geiz und Eigennutz den Menschen entwurzeln, bleibt wenig Gutes zu hoffen.

Zu den ältesten Zinssystemen gehört das babylonische. Um das Jahr 1800 vor Christus herrschte in Babylon König Hammurabi. In Keilschrift auf Stein hinterließ er einen Gesetzestext. Der Codex Hammurabi regelte das tägliche Leben und die verzinsbare Schuld. Im alten Griechenland und Rom waren Zinsen an der Tagesordnung. Bis zu 1% Zinsen pro Monat waren nicht unüblich. Aber bereits in dieser Zeit gab es viel Kritik. Aristoteles forderte bereits das Verbot der Zinsen. Geld sei zum Tauschen erfunden worden, durch den Zins vermehre es sich jedoch aus sich selbst heraus. Diese Art des Gelderwerbs ist also am meisten gegen die Natur, so Aristoteles. Im Koran und in der Bibel waren Zinsen verboten, lediglich im Judentum gab es eine Beschränkung. Dort durfte man von jedem außer dem eigenen Bruder, also von anderen Juden Zinsen verlangen. Katholiken war der Zins verboten, während die Juden regen Geldhandel betrieben. Im Islam werden aus ökonomischer, sozialer und ethischer Sicht Zinsen als schädlich für die Gesellschaft betrachtet. Im Qur´an 2:275 steht:

„Diejenigen, die Zins verschlingen, werden nicht anders aufstehen, als jemand, der den Satan durch Wahnsinn hin und her schlägt. Dies wird sein, weil sie sagten „Verkaufen ist das gleiche wie Zinsnehmen“. Doch hat Allah das Verkaufen erlaubt und Zinsnehmen verboten.“

Dieses typische Bild vom geldgierigen Juden wurde von William Shakespeare geprägt. In dem Stück „Der Kaufmann von Venedig“ verleiht der Jude Shylock Geld und macht sich dabei nicht gerade Freunde. Über seinen späteren Schuldner Antonio sagte er: „Ich hasse ihn, weil er von den Christen ist, doch noch mehr, weil er aus gemeiner Einfalt umsonst Geld ausleiht und hier in Venedig den Preis der Zinsen uns herunterbringt.“ Später forderte Shylock sogar, ein Pfund Fleisch aus Antonios Körper schneidern zu dürfen, sollte dieser seine Schulden nicht rechtzeitig zurückzahlen. Martin Luther nannte den Zinskauf „das größte Unglück Deutscher Nation.“ Seit 1983 dürfen Katholiken ganz offiziell Zinsen nehmen. Kaiser Lothar bestimmte im Jahr 825 n. Christus: „Wer Zins nimmt, wird mit dem Königsbann belegt, wer wiederholt Zins nimmt, wird aus der Kirche ausgestoßen und soll dem Grafen gefangen gesetzt werden.“

Im kanonischen Recht wurde die Dekretale Consuluit von Papst Urbanus III. in 1187 nach Christus aufgenommen. Wucher ist „all das, was bei einem Leihgeschäft über die Leihgabe selbst hinaus zurückverlangt wird.“ Wucher „ist einzig eine Sünde“ und muss „vollständig ihrem eigentlichen Besitzer zurückgezahlt werden.“ Der Wucher wäre ein Diebstahl. In einer Handschrift aus dem 13. Jahrhundert wird Wucherern vorgeworfen, gegen die Natur zu sündigen, indem man Geld aus Geld erzeugen will, wie ein Pferd aus einem Pferd oder einen Esel aus einem Esel. Im Gegensatz zum Händler, nimmt der Geldverleiher nach der Zahlung des Wucherzinses die Sache samt dem Vermögen des anderen wieder zurück, was ein Händler niemals tun würde. Im Gegensatz zu anderen Verleih-Geschäften wie Pachtzins und Mietzins, wo der Boden nach und nach auslaugt und das Haus beschädigt. Hingegen erfährt verborgenes Geld weder Minderung noch Altern.

Wucherer sind meiner Meinung nach auch bei niedrigem Zins Wucherer und Verbrecher. Sie sind Diebe, denn sie handeln mit der Zeit, die ihnen nicht gehört und mit dem Eigentum eines anderen gegen den Willen des Besitzers. In der Mitte des 5. Jahrhunderts formulierte Papst Leo I, der Große. „Des Geldes Zinsgewinn ist der Seele Tod.“ Und auch Martin Luther äußerte sich dazu:

„Der Zins ist ein in der Wolle gefärbter Dieb und Mörder, wir Christen halten ihn aber so in Ehren, dass wir ihn ordentlich anbeten. Der Zins ist ein großes Ungeheuer, ähnlich einem Werwolf, der alles verwüstet, ärger als irgendein Schurke. Er gibt aber nicht zu, dass er es gewesen ist. Er denkt, keiner werde ihn herausfinden ...“

Im Folgenden zitiere ich Ihnen einige Bibelstellen, welche den Zins verboten haben:

2. Mose 22, 25:

„Wenn Du jemand aus meinem Volk, einem Armen, der bei dir wohnt, Geld leihst, so behandle ihn nicht wie ein Wucherer; ihr sollt ihm keine Zinsen auferlegen.“

Matthäus 6, 24:

„Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“

Genesis 3, 19:

„Der Wucher möchte, ohne zu arbeiten und selbst im Schlafe, einen Gewinn zu erzielen, was gegen das Gebot des Herrn verstößt, welches sagt: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“.

Darüber hinaus war das Zinsverbot eingebettet in weitere Regeln. Das Erlassjahr zum Beispiel, wonach in jedem 7. Jahr alle Schulden zu erlassen sind (5. Mose 15, 1-11) und das Halljahr, dass im 50. Jahr den Grundbesitz an die ursprünglichen Eigentümer zurückfallen lässt (3. Mose 25).

Auf einer Wirtschaftsplattform im Netz habe ich vor einiger Zeit gelesen, dass mittlerweile rund 30% eines Kaufpreises als Zinszahlung an Banken gehen, abgesehen von dem Betrag, der von unserer Regierung von unseren Steuern an die Banken weitergeleitet wird. Gläubiger, die Zinsen nehmen, vermehren ihr Vermögen mit dem Besitz der Schuldner. Dadurch werden Reiche noch reicher und Arme noch ärmer. Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in Gesellschaften, die auf Zinswirtschaft beruhen, lässt bei den Benachteiligten Unzufriedenheit und Neid wachsen und hat letztlich vielschichtige soziale Konflikte zur Folge.


Auszug aus dem Buch"Freiheit durch Wahrheit". https://www.bod.de/buchshop/freiheit-durch-wahrheit-peter-freiherr-von-liechtenstein-9783751935296

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